Moravian Lives

Focus on Fulneck: A Collection of Moravian Memoirs from 18th Century Yorkshire Congregation

Erdmuth Langley (1741-1789)

Source archive: Bethlehem
Document reference: Memoirs Bethlehem, 0307

Unsre selige Schwester Erdmuth Langley hat folgende Nachricht von sich schriftlich hinterlaßen. Ich bin geboren Anno 1741 den 21ten Merz in Northhampton in England. Da ich 5 Jahr alt war zogen meine liebe Eltern mit ihren Kindern nach London um den Brüdern die sie kennen gelernt hatten näher zu seyn und ihre Versammlungen besuchen zu können. In meinem 7ten Jahr bekam ich das erste Gefühl vom Heiland in mein Herz, bey Gelegenheit des sehr seligen Heimgangs meiner lieben Mutter, die mit großer Angelegenheit ihre Kinder dem Heiland anempfohlen hatte. Ich war zu der Zeit sehr kranck, und jedermann erwartete mein Ende. Ich bat den Heiland mein Herz mit seinem Blute zu besprengen, weil ich gerne wie gewaschen vor seinem Thron erscheinen wollte, ver sprach Ihm auch, im Fall ich wieder gesund wer den sollte, Ihm mein ganzes Herze hinzugeben. Nachdem ich mich wieder erholt hatte, nahm mich eine meiner Anverwandten zu sich in ihre Pfle ge und Erziehung. Sie suchte mich vor der Welt und ihren Versuchungen zu bewahren, und ließ mich nicht gern in die Schule gehen, aus Furcht daß ich verführt werden könnte. Manche Lebens läufe erweckter Kinder die ich zu lesen bekam machten einen guten Eindruck auf mich, und der

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heilige Geist war an meinem Herzen geschäftig, wiewol ich es damals noch nicht recht verstund. Im Jahr 1751 ging mein Vater nach America. Ich blieb in meinem seligen Gang bis in mein 13tes Jahr, da fing ich an an der Welt und ihren Eitelkei ten mehr Vergnügen zu finden, obschon meine Tante mit bestmöglicher Sorgfalt mich davor zu warnen suchte. Anno 1754 verlangte mein Vater daß meine Schwester und ich ihm nach America folgen sollten. Wir reisten dann auf dem Schiff Irene geführt vom Captain Garrison dahin ab. Ich hofte auf dieser Reise mehr Freyheit für mich zu finden als ich im Hause meiner Tante gehabt hatte, fand mich aber betrogen, denn die Geschwister die mit meiner Familie nicht ganz unbekant waren, nah men mich und meine Schwester in ihre sorgfältige Aufsicht. Im August selbigen Jahrs kamen wir glücklich in Newyork an, und wir beyde zogen zu unserm Vater nach Boundbrook. Hier verlor sich das Gefühl meines Herzens fast ganz, und ohngeachtet aller Warnungen meines Vaters suchte ich die Welt recht zu genießen und nach meinen Gefallen zu leben, da ich denn vielen Versuchungen unterworfen war. Der Heiland aber wuste Mittel und Wege mich in meiner vermeinten Ruhe zu stören, durch die Unglücksfälle meines Vaters

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in seinen äußeren Vermögensumständen. Unsre Familie wurde getrennt, der Vater ging nach West- Indien und wir zogen zu guten Freunden nach Brunswick, von wo meine Schwester zur Gemeine reiste, ich aber weil ich keine Erlaubniß hatte, zurück bleiben muste. Nach einiger Zeit zog ich zu andern unsrer Bekanten nach New york. Der schwache Funcken der Liebe zum Heiland fing hier wieder an in meinem Herzen zu glimmen, und ich besuchte die Societaets-Versammlungen der Brüder zu meinem Segen, obschon nur gar kurze Zeit, denn ich muste bald wieder nach Brunswick zurück, wo ich 6 Wochen verblieb und als dann nach Philadelphia zog um die Schneyderung zu erlernen. Hier war ich wieder in großer Gefahr, wurde von aller Bekant schaft mit den Geschwistern abgehalten und in alle Eitelkeiten hineingezogen. Den Erinnerungen des Geistes Gottes in meinem Herzen gab ich wenig Gehör bis ich durch den Besuch der seligen Schwester Böhlerin der ich versprechen muste mein Herz dem Heiland hinzugeben, wieder aufs neue unruhig über mich wurde. Und da es just am bedencklichsten um mich aussahe, kam ich durch die Vorsorge einer Person von der Quaeker-Gesinnung, in die Be sorgung einer Schwester die mich in ihr Haus ein nahm. Ich fühlte mich sehr danckbar gegen den Heiland deßen augenscheinliche Hülfe ich mit Verwunderung betrachtete; und meine vorigen

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Gesellschaften konte ich nun leichte fahren laßen. Ich wurde hierauf in die Brüder-Societaet aufge nommen: da aber mein Herz noch nicht bevestigt war, so ging ich auch hier meinen Gang unter mancherley Abwechslungen. Der Besuch einer ledigen Schwester von Bethlehem, der ich meine Situ ation offenherzig darlegen konte und ein Brief von meiner Schwester Anna Rebecca, erregten in mir das Verlangen in Bethlehem zu besuchen. Ich bediente mich der ersten Gelegenheit dahin, und kam am 26ten Merz 1757 hier an. Ich bat gleich den Heiland, wenn Er mich zur Gemeine berufen habe, mir seinen Willen klar zu machen, welches Er auch ohne mein weiteres Zuthun that, und ich bekam Erlaubniß hier zu bleiben. Nun ging mein Verlangen dahin durch die heilige Taufe von Sünden abgewaschen und ein wahres Kind der Gnade zu werden. Diese Gnade wiederfuhr mir dann am 29ten May da ich nebst de nen 2 ledigen Schwestern die mit mir zur Gemeine ge kommen waren, durch den seligen Bruder Abraham Reinecke in Jesu Tod getauft wurde. Nach dieser empfangenen Gnade war ich eine geraume Zeit sehr selig und vergnügt, bis mir die Zeit in der ich wahrere Ge meingnaden zu erlangen gewünscht hatte, zu lange wurde. Es lag mir an im Aeußern vor jedermann gut zu erscheinen, und im Innern fehlte mirs noch an wahrer Sünder Gnade. Ich wartete auf sichtbare Hülfe von der Allmacht Gottes

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und da ich diese nicht erlangte dam ich in einen mißver gnügten und schweren Gang. Endlich wagte ichs mit meiner Arbeiterinn offenherzig auszureden, und durch ihre Zurechtweisung wurde mein Gemüth etwas leichter. Den 6ten August 1758 sahe ich als Can didatin beym Heiligen Abendmahl zu, mein Herz fühlte dabey den Frieden des Heilands mehr als ich beschrei- ben kan. Mein von Natur geschäftiger Geist wolte aber immer noch selbst wircksam seyn, und ich trat dadurch der Gnade des Heilands an meinem Her zen immer mehr und mehr in den Weg, bis ich mich am Aeltestenfest bey der Rede des Bruder Josephs so getroffen fühlte, daß ich ein jedes Wort wie allei ne auf mich geredet deuten konte, und da sich die Gemeine die Absolution von unserm Aeltesten erbat, übergab ich Ihm mein armes Herz so wie es war und bat Ihn nun mit mir zu thun was Ihm beliebet, von mir zu nehmen was Ihn betrübet. Unser nächstes Chorfest am 4ten May sowol als die vorhergehenden Tage, waren für mich beson ders ausgezeichnet und gesegnet, da ich alle meine eigne Gerechtigkeit zu den Füßen des Heilands hinwarf und von seinem Tod und Blut einen solchen Eindruck bekam als ich nie vorher gehabt hatte, ich bin nicht im Stande diesen Vorgang zu beschreiben, mein Wunsch ist nur daß mir das Andencken daran bleiben möchte bis in Seinen Arm und Schooß. Am 5ten May wurde ich zum heiligen

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Abendmahl confirmirt und in 4 Tagen darauf eine Mitgenoßin dieses hohen Gutes. Nun ist mein ei niges Verlangen die Pflege meines guten Hirten täglich zu genießen und nie zu vergeßen daß Er mich armes und verirrtes Schäflein selbst aufgesucht und zu seiner Herde gebracht hat. Er erhalte mich bey Seinen Wunden, bis ich diesel ben leiblich sehe und grüßen werde. So weit sie selbst. Der Heiland hat unsrer seligen Schwester den Eindruck davon, daß Er sie selbst der Welt entrißen und zu Seinem Volcke gebracht hat, bis an ihr seliges Ende erhalten, und sie hat sich daran gar oft und viel mit tiefge beugten Sünder- und Danck-Thränen erinnert. Die ihrem Herzen wiederfahrne Gnade behielt bey manchen Fehlern der Natur die Oberhand, und sie war nicht eher befriedigt bis Sie bey vorgekommenen Störungen in ihrem Gnadengange, vom Heiland erneuerte Vergebung und Trost ins Herz bekam. Sie war vor mehreren Jahren bey der

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Erziehung der Kinder in der Mädgen-An- stalt angestellt, und nachher diente Sie als Kranckenwärterin im Chorhause, welche Geschäfte Sie mit vieler Angelegenheit besorgte, bis Sie selbst kräncklich wurde und davon dispensirt werden muste. Anno 1778 war ihr die Pflege die sie ihrem lieben krancken Vater hier in Bethlehem er weisen konnte, eine besondere Freude, und sein vergnügt und seliger Heimgang ist ihr immer in danckbarem Andencken geblieben. Seit dem Heimgang ihrer seligen Schwester bediente Sie an ihrer Stelle die hier besu chenden Fremden, und diese waren mit ihrem ernsthaften, doch angenehmen und gesellschaft lichem Betragen wohl zufrieden. Die Geduld bey ihrer langen Kränck lichkeit und ihre Munterkeit dabey, war uns oft zur Erbauung. Zu ihrem vieljährigen Husten bekam sie diesen Herbst noch die

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(sogenannte) Influenza, von der sie ziemlich hart befallen wurde, sich jedoch für ein Weilgen wieder erholte, bis Sie verwichnen Montag am 14ten dieses Monats an einem heftigen Fieber mit Seitenstechen aufs neue kranck wurde und meist zu Bette liegen muste. Sie wurde nach einigen Tagen so schwach, daß sich ihr sonst sehr heftiger Husten fast ganz verlor. Wir vermutheten ihren baldigen Heimgang, Sie selbst aber konnte bey aller Sehnsucht nach diesem Glück, kaum recht glauben es so nahe zu haben, weil ihr bey vorherigen Kräncklichkeiten ihren Hoffnung darinnen fehlgeschlagen war. Am 20sten dieses bekam Sie morgens ihren Antheil am heiligen Abendmahl auf iihrem Bette, und sagte nachher: meine Hütte ist zwar sehr schmerzhaft, aber meiner Seele war innig wohl dabey. Sie verbrachte den Tag in gröster Schwach heit, und Abends nach 11 Uhr kam für diese theur erkaufte Seele der glückselige

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Moment da Sie unter dem Segen der Gemeine und ihres Chors sehr sanfte in Jesu Arm und Schooß überging, in einem Alter von 48 Jahren und 9 Monaten weniger einen Tag.

 

Memoir facsimiles

People named in this memoir

Anverwandten
Bekanten
Bruder Abraham Reinecke
Bruder Josephs
Captain Garrison
Eltern
Heiland
Hirten
Schwester
Schwester Anna Rebecca
Schwester Böhlerin

Places named in this memoir

America
Bethlehem
Boundbrook
Brunswick
England
London
Newyork
Northhampton
Philadelphia
West- Indien

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