Unsre liebe verwitwete Schwester, Catharina Brownfield, geborne Kerney, hat von ihrem Lebenslauff, folgendes in Englischer Sprache aufgeschrieben.
Ich bin d. 4t Febr. n. St. 1716 in Nyork geboren, und in der Kirche von England getauft und erzogen, zu welcher ich mich beständig hielt. Und ich kan
in Wahrheit sagen, daß ich von meiner Kindheit an, um meine Seligkeit verlegen war. Ich glaubte wenn ich würde zum h. AMahl gehen, so würde ich gantz Ruhe finden. Ich gieng des wegen in meinem 15tn Jahr in den Unterricht oder Vorbereitung dazu, da aber der Tag kam, daß ich es geniessen solte, wurde ich so verlegen in meinem Herzen, daß ich mich nicht dazu wagen durfte und sagte meinem Lehrer, ich wolte bis nächste Ostern warten, in Hofnung daß unser Heiland mir als dann den Segen schenken werde.
Das folgende Jahr gefiel es dem Heiland meine Augen zu öfnen daß ich meinen natürlichen, verlorenen Zustand sah, durch die Predigt eines Disenters,
der erste den ich hörte und dessen Predigten zu dieser Zeit vielen gesegnet waren und besonders auch meinem Herzen, da gefiel es dem Herrn, meine Ohren zu öfnen, wie Er bey der Lydia[1] that, so daß ich mehr u. mehr über meinen unbekehrten Zustand, bekümmert wurde, ob ich gleich zu weilen etwas trost aus dem Leiden meines Heilands schöpfte, das war aber nicht bleibend. Es befielen mich immer wieder Furcht und Zweifel. In diesem un gewissen Zustand Blieb ich bey nah 4. Jahr, Bis es meinem gnädigen Heiland gefiel, sich meinem armen Herzen, klar u. auf eine besondere Weise zu offenbaren. Ich sah im Glauben wie Er für mich Mensch wurde u. für meine Sunden am Kreuz gestorben. ——-. Den süßen Genuß u. die Versicherung die ich durch den h. Geist kriegte, bin ich nicht im Stand zu beschreiben. In diesem seligen Zustand lebte ich und genoß, was mein lieber Herr Jesus
für mich gethan u. daß Er mich von den Eitelkeiten der Welt in sein herrliches Licht versetzt. Nur das eine that mir weh u. schmerzte mich, daß ich
meine liebe Eltern sehr betrübte, dadurch daß ich die Kirche in der ich erzogen war, verlies, aber der tägliche Trost, den ich von meinem lieben Heiland kriegte machte mir alles erträglich. Ich dachte oft: o wüßten sie die Süßigkeit die ich geniesse, sie würden gerne alles was die Welt glück heißt, verleugnen, bis sie den Frieden Gottes welcher höher ist als alle Vernunft, zu geniessen hätten.
Ich begab mich nun, ohne daß meine Eltern es wußten in die Gesellschaft der Erweckten. Ich hörte da vieles gegen die Brüder, welches mich immer sehr angriff und ich ermahnte sie nicht so von ihnen zu reden, ob ich sie gleich gar nicht kannte, und keine gesehen noch gehört hatte, so fühlte ich doch
eine geheime Liebe für sie. Die Furcht welche zu offendieren, die ich für eminente Christen hielt, hielt mich 2 Jahre von den Brüdern zurück. Ich sagte endlich mein Herz der Schwester Russmeyer, die eine wahre Freundin der Brüder war u. ich entschloß mich, andrer Leute ihrem Urtheil nicht länger zu glauben, sondern die Brüder selbst zu hören! Der erste Bruder den ich hörte, war Br. Owen Rice, er erklärte das 63t Capitel Jesaja und der h. Geist applicirte es meinem Herzen. So daß ich aus Erfahrung sagen konnte: diese u. die allein sind das Volck für hungrige Seelen.
1744. kam ich zum Besuch nach Bethlehem u. ob ich gleich die deutsche Sprache nicht verstund, so fühlte ich doch in allen Versammlungen, die ich besuchte, den süßen Frieden Gottes, in Christo Jesu meinem Herrn. 1745. kam ich hieher zu wohnen, wurde bald in die Gemeine aufgenommen und zum h. AMahl admittirt. Bey dem Gebet der Wunden Litaney, wurden mir die Wunden Jesu so klar und so kräftig im Herzen, daß ich es nicht beßer ausdrücken kan, als mit dem Vers:
O erfüllte Jesu Liebe, doch mein Herze Tag und Nacht, O
wie ich mit muntrem Triebe früh u. späth auf ihn bedacht.
Ich wohnte darauf in Nazareth, im Septn 1745. kamen meine beiden Brüder mich zu besuchen, mit derm nachricht, vorgeben daß meine Mutter krank sey u. mich vor ihrem Ende noch sehen möchte, u. daß sie von den Doctors aufgegeben wäre, welches mich sehr afficirte; hätte ich aber dem Geist der
Wahrheit gleich Gehör gegeben, so hätte ich mir selber viel Angst u. Noth erspart. Meine Brüder giengen öfters
mit mir spazieren, ich war in meinem Herzen gewarnt, ihnen nicht zu trauen, da sie wieder abreiseten u. ich abschied von ihnen nehmen wolte, stieg der eine aufs Pferd u. der andere nahm mich u. setzte mich hinter ihn und so gallopirten sie mit mir davon u. brachten mich nach Braunshweig, wo meine
Mutter in ihrem Wagen auf mich wartete, als ihr verlornes Kind, wie sie mich nannte. Ich wurde auch von meinem lieben Vater herzlich aufgenommen. Es war aber, als wäre kein Leben in mir, ich fühlte keinen Frieden im Herzen, als ob mein lieber Heiland mich verlassen hätte. Ich hielt mich so viel möglich alleine. Nachdem ich 2 Tag da gewesen, bat ich meine Eltern, die über meine Schwermuth verlegen waren, u. bat sie auf den Knien, mich nur zu Mr Keiler zu senden. Mein Vater fragte mich darauf: ob ich durch einen Eyd verbunden wäre, meine Tage bey den Brüdern zu ver- bringen? Ich sagte: Nein! aber ich habe oft mit einem zerbrochnen Herzen, den Herrn ernstlich gebeten, mich meiner Seeligkeit nicht missen zu lassen. d. 4t tag kriegte ich 2. Knaben, die mich in einem Canoe zu Mr Keiler brachten, der wie der barmherzige Samariter mit mir handelte u. 2. Pferde kriegte, und wir ritten in der selben Nacht 28. Meilen, in dem Weg nach Nazareth, wo ich den Tag drauf wohl ankam.
Dazu schrieb sie selber deutsch: Du hast mich mein Jesus durch die Wüste durch getragen, da mancherley Versuchung mich gedrückt dein süßer Trost hat in so manchem Zagen, mein armes Herz mit neuer Kraft erquickt, weiß ich von mancher Trübsaals Last, so weiß ich auch wie du mir bey-
gestanden hast. 1747. wurde ich mit Bruder John Brownfield, einem der besten Männer, getraut. So weit sie selbst.
Ihre[2] Ehe war mit einer Tochter gesegnet, welche ihr voran gegangen. 1752 d 23ten April wurde sie Witwe u. zog nach Nazareth zu den Witwen, biß daß Chor-Haus in Bethlm bezogen wurde, da sie auch mit einzog, ihr Herz hing am Heiland u. der Gemeine, bey allen Schwachheiten die sie an sich hatte behielt sie immer ein festes vertrauen zu Ihm, an den Versamlungen fand sie jeder Zeit einen wahren geschmak, es that ihr sehr wehe wie sie schwachheit wegen sie nicht mehr besuchen konte. über Jahr u. Tag war sie sehr Elend u. schwach, so daß sie wenig aus dem Bette sein konte, daß lezte halbe Jahr war ihre Krankheit vor sie u. andre sehr beschwerlich, sie betete oft zum l. Heiland, daß Er ihr Jammer bald ein ende machen wolte ein paar Tage vor ihrem Heimgang bat sie, weil sie sich noch gegenwärtig wäre, daß sie gerne eingesegnet sein wolte, welches auch geschah, u. so ging sie d. 5ten sanft u. selig.
ihr Alter hat sie gebracht. 82. Jahr. 2. Monat.